Tango in Europa


'Original argentinische' Orchester

Film-Klischees
Europäische Tango-Orchester 

Unterschiede in Spielweise und Instrumentarium

Die Tango-Musik war auch in Europa ausserordentlich beliebt. Fast alle der bekannten europäischen Unterhaltungsorchester hatten, neben Swing und Jazz, auch Tangos in ihrem Repertoire. Die Verkaufszahlen der Tango-Platten waren beachtlich. Manche kennen vielleicht die Tangos von Pjotr Leschenko (ein Rumäne, der russische Tangos sang) und von Ibrahim Özgur (Istanbul). In Paris feierten argentinische Orchester grosse Erfolge. Der Tango Tes mensonges (gesungen von Rose Avril) war ein grosser Hit, L’Etoile de Rio wurde in Frankreich und in Deutschland (als Stern von Rio) in vielen verschiedenen Versionen eingespielt und war in beiden Ländern gleichermassen beliebt. Rina Ketty, die Interpretin des in ganz Europa bekannten J'attendrai sang Pourquoi m'avoir tant donné. Eugen Wolff wurde in Frankreich zu Eugène Wolff, sein schöner Tango Guitares dans la Nuit – Nächtliche Gitarren war auch in Frankreich sehr beliebt. Rosita Serrano (›die chilenische Nachtigall‹) wurde in Deutschland erst durch den Tango Roter Mohn (komponiert von Michael Jary) zum grossen Star. Der von Tino Rossi gesungene Tango Un violon dans la nuit wurde sogar in Japan verkauft, besonders schön ist seine Interpretation von Ecris-moi, das in Italien als Scrivimi bekannt wurde. Mocosita, ein argentinischer Tango von G. Matos Rodriguez, u.a. von Carlos Gardel und Rosita Quiroga gesungen, wurde 1937 vom Orchester Robert Gaden als Instrumentaltango aufgenommen; 1949 spielte ihn auch Alfredo de Angelis ein. Gaden nahm auch Perdoname und A pan y agua auf. Das schöne Isla de Capri wurde in Argentinien in den Versionen von Osvaldo Fresedo und Alberto Gomez (mit dem OTV) ein grosser Hit, war aber eine europäische Komposition von Wilhelm Grosz. Mit der Zeit stösst man auf weitere Verknüpfungen. So fand der in Deutschland komponierte Tango "Ich bin heute ja so verliebt" den Weg in die Türkei und wurde dort (leicht abgeändert) von Ibrahim Özgür als Son nefes - der letzte Seufzer gespielt (auf der CD Tangolar zu finden). Mama, yo quiero un novio (z.B. Bachicha 1928) wurde in Europa zu Lola, dein spanisches Feuer, gespielt von verschiedenen Orchestern. 

Der in Südamerika in über 60 Versionen eingespielte Tango Adios muchachos wurde in Deutschland zu Zwei rote Lippen und ein roter Tarragona und auch dort von vielen Orchestern aufgenommen … Solch eine Liste liesse sich seitenlang weiterführen.

Auf mancher Plattenetikette stand der Zusatz ›Original argentinische Besetzung‹. Diese Bezeichnung hatte recht wenig mit der Wirklichkeit zu tun, sondern war v.a. eine Werbemassnahme der Plattenfirmen, um ein gewisses Gefühl von ›Exotik‹ zu erzeugen. Dieser ›Exotik-Faktor‹ war ein fester Bestandteil im europäischen Musikgeschäft, um die Sehnsucht der grossen Masse, die nicht reisen konnte oder durfte, zu bedienen – darüber könnte man mehrere Seiten schreiben. Der Exotik-Faktor zeigte sich in vielen Musik- und Filmtiteln, wie Stern von Rio; Española; Fatme, erzähl mir ein Märchen (um nur ein paar Titel zu nennen). Ebenso war ein romantisierender Zigeuner-Bezug auffällig: Du schwarzer Zigeuner; Was ein Zigeuner fühlt (Eva Busch); Carmencita la gitana (R. Serrano); Zigeuner, du hast mein Herz gestohlen (Marek Weber und Zarah Leander); Zigeunerfox; Violino tzigano; Tango tzigane u.v.m.

Das Exotik-Brimborium führte dazu, dass z.B. Juan Llossas und sein Tango-Orchester (die Formation eines Spaniers, der in Deutschland sehr grossen Erfolg hatte) in argentinisch anmutenden Fantasiekostümen auftrat.


Die Verbreitung des Tango in Europa

Eine der bekanntesten Tango-Grössen, die nach Europa kamen, war Francisco Canaro (zusammen mit Lucio Demare – siehe auch dort). In seinen mit vielen Übertreibungen ausgeschmückten Memoiren rühmte Canaro diese Reise als einen der grössten und bedeutendsten Triumphe, bei dem nicht nur sein Orchester internationale Anerkennung erlangte, sondern auch der Tango eine weltweite Verbreitung fand.

Die Wahrheit ist, dass der Tango auch ohne ihn – und lange vor seinem Besuch – in Europa  sich grosser Beliebtheit erfreute. Bereits 1907 war Angel Villoldo, der Schöpfer von El Choclo, begleitet vom Ehepaar Alfredo Gobbi, nach Paris gereist, um dort die ersten Tango-Schallplattenaufnahmen zu machen (zu jener Zeit gab es die Möglichkeit in Argentinien noch nicht). Während Villoldo kurze Zeit später Frankreich verliess, blieben die Gobbis, Multitalente als Musiker und Tänzer, schlugen Wurzeln in Paris und arbeiteten in Varietés und als Tanzlehrer. In der Folge entdeckte die Pariser Gesellschaft den Tango als exotische Neuheit. Der Erfolg der Gobbis brachte weitere Tangokünstler vom Rio de la Plata nach Paris. Akademien und Tanzschulen wurden gegründet, und ab etwa 1912 erfasste ein veritables Tangofieber die französische Metropole. 

Die französische Presse überschwemmte ihre Leser mit Artikeln über den Tango. Bald gab es ein ›Parfum Tango‹, der Zug von Paris nach Deauville, dem Badeort der französischen Schickeria, hiess ›Tango‹, es gab ein Getränk namens Tango, und selbst eine Farbe, die ›Couleur Tango‹, wurde nach dem Modetanz benannt. 1913 erhielt der Tango seine offizielle Weihe: Raymond Poincaré, der Präsident der französischen Republik, besuchte mit seiner Gattin eine Tanzveranstaltung und tanzte – Tango...

Die Mode wurde durch die Tangomanie nachhaltig beeinflusst – in dieser Zeit gab es viel Werbung für Tango-Artikel: Tangoschuhe, Tangostrümpfe, Tangokleider, Tangohüte. Tango wurde so etwas wie eine Marke, die die Elemente von ›fremd, argentinisch, exotisch‹ beinhaltete. Fast alles konnte verkauft werden, wenn man den Begriff ›Tango‹ hinzufügte. Ein Ladenbesitzer war auf einem grossen Haufen Satin-Stoff von greller orange-gelber Farbe sitzen geblieben, der sich als praktisch unverkäuflich herausgestellt hatte. Er entschloss sich, angesichts der Tangomanie, diesen Stoff 'Tango-Satin' zu nennen. Und das Wunder geschah – der vorher unverkäufliche Stoff wurde nachgefragt und war innnerhalb weniger Tagen ausverkauft.


Andere Künstler, die nach Paris kamen und hier erfolgreich waren: Manuel Pizarro, Eduardo Arolas, Osvaldo Fresedo, Julio de Caro, José Schumacher, Eusebio Botto, Eduardo Bianco, Juan Bautista 'Bachicha' Deambroggio. Manuel Pizarro und Tano Genaro (→ Viva el principe) kamen bereits 1920 nach Paris. Arolas, der grosse Bandoneonspieler, hatte Pech – er wurde 1924 in Paris (vermutlich von einem Zuhälter) erstochen. Manuel Pizzaro war besonders geschäftstüchtig – unter der Leitung seiner Brüder Salvador, Juan, Alfredo und Domingo spielten die Pizzaro-Orchester an vier weiteren Orten in Paris. Bianco und Bachicha schlossen sich zusammen und formten 1925 das Orquesta Típica Bianco-Bachicha (→ Plegaria). Diese Orchester hatten einigen Erfolg mit ihren Plattenaufnahmen.


Mit der Zeit spielten neben den argentinischen Musikern immer mehr französische und ausländische Musiker in den Tango-Formationen, so dass die argentinischen Musiker oft in der Unterzahl waren. Das zum Thema 'authentisch'.


Der Tango verbreitete sich nicht nur in Frankreich, sondern in ganz Europa. In Deutschland versuchte die Obrigkeit, den ‘unsittlichen‘ Tango-Tanz mehrmals zu verbieten. Kaiser Wilhelm II. erliess am 20. November 1913 ein Verbot des Tangotanzens für die deutschen Offiziere in Uniform. Der populäre Tanz galt den konservativen Kreisen im Kaiserreich wegen seiner erotischen Ausstrahlungskraft als unsittlich. Die »Vossische Zeitung« in Berlin hatte wenige Wochen zuvor berichtet: »Seine Glut ist mit einer sanften Versonnenheit über uns gekommen. Die Dame der Gesellschaft tanzt Tango. Sie tanzt ihn nachmittags nach dem Tee, nach dem Souper im Salon und im Ballsaal. .. Und in den tanzdampfenden Flirtlokalen kleiner Mädchen am Rande der Stadt werden ... Tangopreisgefechte ... ausgetragen.« Und die Sittenwächter in Bayern verkündeten: »Nach Sachverständigenurteil ist er mehr ein sinnliches Reizmittel als ein Tanz.‹ Denn: ›Diese Tänze verletzen das Sittlichkeitsgefühl, weil die Tänzerin dabei häufig die Beine seitwärts abspreizt, sodass man die Unterkleider und die Strümpfe sieht.« Aber trotz solcher obrigkeitlicher Verbote konnte man auch in Deutschland seinen Siegeszug nicht aufhalten. Wie zeitgenössische Bilder zeigen, wurde Tango von Madrid bis Stockholm getanzt.

Rose Avril 1945
Rosita Serrano, ›die chilenische Nachtigall‹
Tango-Vorführung in Gaucho-Tracht 1913 in Paris. Man beachte die grossen Sporen.
Bachicha in Paris um 1929. Es ist eines der wenigen Bilder mit einer Musikerin.
Das Orchester Bianco-Bachicha. Man beachte die grosse Zahl der Musiker und die Instrumente: Schlagzeug, Gitarren, zwei Bässe, Bandoneons und Violinen. Auch dieses Bild mit einer weiblichen Musikerin, diesmal mit Bandoneon.
Tano Genaro Esposito, Paris im La Coupole 1930-32
1. Tangoplatte 1911 in D bei Odeon. Man erkennt die gleichen Tänzer wie oben.
Orquesta Bayo Moreno Berlin 1927, Gitarre, 3 Bandoneons, nur eine Geige, und Bass. Besonderheit: die Singende Säge, die am Bass hängt
Orchester José Soler 1928 in Hannover. Neben Gitarre, Cello und Bass sieht man Saxophone, Klarinetten und Trompeten. Keine weiteren Angaben vorhanden.
Tango in Warschau 1913
Tango in Madrid 20er Jahre
Le Magic City war eine Tanzhalle, von 1907-34, wenige Blocks vom Eiffel-Turm entfernt, beherbergte einige Tango-Veranstaltungen
Plakat Berlin Einladung zum Tanz (ohne Jahr)

Hollywood-Tango

Die US-Filmindustrie begann nach den Erfolgen in Paris ein Auge auf den exotischen Tanz zu werfen, als man sah, wie gut ›Tango‹ vermarktet werden konnte. Seinen ersten Auftritt hatte der Tango im Film »The Four Horsemen of the Apocalypse« von 1921. Der Film wurde ein Riesenerfolg und zum sechstbest besuchten Stummfilm. Mit dem Film wurde ein junger, bis dahin unbekannter italienischer Schauspieler, Rodolfo Valentino, zum Star. In der bekanntesten Szene tanzte er in einem stereotypen Gaucho-Kostüm im Pariser Tangostil einen Tango. Die Tango-Szene war eigentlich nicht nötig für die Handlung des Films. Sie wurde nur hinzugefügt, um den Film aufzulockern und Valentinos tänzerische Qualitäten zu zeigen. Der Film war ein so grosser Erfolg, dass nach Valentino sogar eine Tangofigur benannt wurde. Andere Filme mit ähnlichen Tanzszenen folgten.

Wie wir wissen, hat der Tango nichts mit der Gaucho-Kultur zu tun. Der argentinische Tango war nie ein Tanz der Gauchos. Die Tangotänzer in Buenos Aires und Montevideo trugen vorwiegend europäische Kleidung, was nicht weiter verwundert, denn der Grossteil der Einwanderer waren Europäer. Aber dieser und folgende Filme führten dazu, dass der Tango mit den argentinischen Gauchos in Verbindung gebracht wurde.

Selbst Carlos Gardel musste sich dem Gaucho-Cliché unterwerfen. 1923 besuchte der Prince of Wales Argentinien und den Präsidentenpalast, und ihm zu Ehren gab es Tango-Vorführungen. Auch Carlos Gardel war Teil der Vorführung – er trug ein Gaucho-Kostüm, denn das war das Bild, das man sich in Europa vom Tango machte. Später trat Gardel nie mehr in Gaucho-Tracht, sondern immer im gut geschnittenen Anzug auf.

'Authentischer' Tango wurde in der Folge von Musikern gespielt, die in Europa und anderswo in Gaucho-Kostümen auftraten, um den Erwartungen des Publikums zu entsprechen. Hollywood hatte eine neue Stereotype geschaffen, die mit der Wirklichkeit wenig zu tun hatte.

Wie ich an anderer Stelle las, war ein weiterer Grund, dass die französischen Musiker-Gewerkschaften strenge Restriktionen hinsichtlich der Beschäftigung ausländischer Musiker durchgesetzt hatten. Diese Restriktionen gab es hingegen nicht bei sogenannten Folkloregruppen. Die argentinische Tango-Orchester traten in Paris in fantasievoller Verkleidung auf. Alberto Paz berichtet in seiner Canaro-Biographie, dass die Musiker den Weg vom Hotel zum Aufführungsort in Gaucho-Tracht zurücklegen sollten, um entsprechende Aufmerksamkeit auf die Veranstaltungen zu ziehen. E.S. Discépolo vermerkte erstaunt, dass er noch nie so viele Gauchos gesehen habe wie in Paris.

Carlos Gardel machte mehrere Reisen nach Frankreich, nach Spanien und in die Staaten. In Paris trat er wochenlang vor ausverkauften Häusern auf. Seine Platten verkauften sich in der ganzen spanischsprachigen Welt, und dank der vielen Filme war er der bestbekannte spanischsprachige Filmschauspieler. Er war ein wichtiger Faktor in der Verbreitung des Tango. 

Hier eine Anekdote zu Gardel, von dem immer wieder mal behauptet wird, er sei homoerotisch veranlagt gewesen. Der Sänger Ernesto Fama erzählte: »Gardel kam nach der Vorstellung zu uns, weil wir bis vier Uhr morgens arbeiteten. Jeden Abend tauchte er mit einer anderen Frau auf... Es gibt Zeiten, in denen manche Leute ihre Zunge woanders hinstecken sollten, diejenigen, die sagen, Gardel sei ein Tuntenbruder gewesen. Was für Frauen! Was für Damen! Auf diese Art hätte ich mir auch gewünscht, schwul zu sein!« 


Francisco Canaro blieb neun Monate, hatte grossen Erfolg, musste aber wegen seiner Verpflichtungen zurück nach Buenos Aires. Die Brüder Rafael und Juan Canaro blieben als dauerhafte Dépendance des Canaro-Imperiums mit eigenem Orchester in Paris stationiert (Melodia de nuestro adiós von R. Canaro 1936, c: Raul Sanders) 

Nach Canaros Rückkehr trugen Alejandro Scarpino und Juan Caldarella eine Komposition, die sie gemeinsam geschrieben hatten, an ihn heran. Nachdem sie lange keinen Titel für ihren Tango hatten finden können, gaben sie ihm geschickterweise den Titel ›Canaro en Paris‹ – eine Schlagzeile, die sie in der Lokalpresse aufgeschnappt hatten. Pirincho fühlte sich natürlich geschmeichelt. Er nahm das Stück Canaro en Paris als eine Art Eigenwerbung mehrmals auf. Da es eine gelungene Komposition war, wurde das Stück in der Folge auch von anderen bekannten Orchestern eingespielt, wie d'Arienzo (1940), Rodriguez (1946), Pugliese (1949) u.a.m.

Tanzszene mit Rodolpho Valentino 1921
Film Wonder Bar 1934 mit Ricardo Cortez & Dolores del Rio
Carlos Gardel in Gaucho-Tracht 1923
Tano Genaro in Paris
Rafael, Juan & Francisco Canaro in Paris
Orquesta Rafael Canaro in Paris (Jahr?)
Eines von früher zahlreichen Bandonion-Orchestern im Ruhrgebiet, vermutlich vor dem 1. WK (aus dem Steeler Archiv)

Unterschiede und Ähnlichkeiten

Wenn ihr europäischen Tango hört, werden euch sicher ein paar Unterschiede zum argentinischen auffallen:

– Obwohl das Bandonion (so die ursprüngliche Schreibweise) in Deutschland erfunden wurde, verwendete man in Deutschland (und Europa) bei den Tangos oft das Akkordeon. Warum? – Das Akkordeon war lauter, und vor allem: es war einfacher zu spielen. Es gibt Orchester, die (manchmal) Bandoneons einsetzten. Entdeckt habe ich den Bandoneon-Klang bei Robert Gaden, Marek Weber und bei Oscar Joost, vermutlich hat auch Juan Llossas ab und zu Bandoneons eingesetzt. Aber das war die Ausnahme. Bei den Tango-Orchestern in Deutschland ist das insofern kurios, da in Deutschland das Bandonion in den 20er und 30er Jahren sehr verbreitet war und es viele Bandonion-Orchester gab. 


– Die Musiker waren in Europa auf einem gleichhohen Niveau, was man vor allem bei den Violinisten leicht hören kann. Jedoch waren die Arrangements der europäischen Tangos längst nicht so raffiniert wie am Rio de la Plata. Und die Sänger und Sängerinnen… vergleicht man diese, erkennt man sofort, welch hohes Niveau beim Tango rioplatense erreicht worden ist.

– Die Texte in Europa waren vorwiegend auf Sprachwitz getrimmt oder von der dümmlich-schmalzigen Art. Sie hatten nie die Tiefe und die (schmerzliche) Intensität, wie wir sie beim Tango rioplatense finden. Und oft wurde von den deutschen Plattenfirmen ein Name gewählt, der mit dem ursprünglichen argentinischen nicht das Geringste zu tun hatte. (Mama, yo quiero un novioLola, dein spanisches Feuer)

– Anhand der Schallplattenaufnahmen können wir feststellen, dass in den 20er und frühen 30er Jahren in der Art, wie manche argentinische Orchester (z.B. Canaro, Bachicha und andere) den Tango spielten, zwischen europäischer und argentinischer Spielweise eine eine grosse Ähnlichkeit bestand. Vgl. z.B. Francisco Canaros El Caburé und das von seinem Bruder Rafael in Paris gespielte Campanas del Recuerdo, beide von 1936. Man hört ein vergleichsweise starres rhythmisches Grundgerüst, mit dem, trotz eingestreuter Variationen, das ganze Stück durchgetaktet ist, und einen recht hölzern gespielten Klavierpart, was diesen Tangos (in meinen Ohren) etwas Ermüdendes gibt. Dieser recht starre Rhythmusrahmen (in Argentinien ›cuadrado‹ genannt) wurde am Rio de la Plata in den folgenden Jahren aufgebrochen, die Tangos der Epoca de Oro zeichneten sich durch einen sehr frei gespielten Rhythmus mit vielen Dehnungen (rubato) und raffinierten Synkopierungen aus, der trotz des Fehlens eines festen, durchgehenden Grundrhythmus' (oder gerade deswegen) die Leute zum Tanzen bewegte. Hingegen blieben die von europäischen Orchestern gespielten Tangos auch in den 40er Jahren und danach im typischen Habanera-Schema stecken. Die am Rio de la Plata stattfindende Entwicklung wurde von den europäischen Musikern nicht umgesetzt.

Jazz und Swing hatten wie der Tango ihren grossen Höhepunkt etwa im gleichen Zeitraum ab den dreissiger Jahren. Während die neuesten Trends bei Jazz und Swing von den europäischen Bands praktisch ohne Verzögerung übernommen wurden (Teddy Stauffer z.B. hatte einen eigenen Lieferdienst organisiert, der ihn – vor den konkurrierenden europäischen Bands – mit Noten und Arrangements der neuesten amerikanischen Hits versorgte), fand beim argentinischen Tango solch ein direkter Rückfluss nach Europa nicht statt.

Am Rio de la Plata war die Entwicklung des Tangos in den 40er Jahren im vollen Gange, das Melodische trat in den Vordergrund, der Takt wurde aufgebrochen, wurde freier und mit vielen Dehnungen eingesetzt. Diese kreative Entwicklung wurde von den europäischen Musikern beobachtet (laut verschiedenen Berichten konnte man bei günstigen atmosphärischen Bedingungen sogar argentinische Radiosender in Europa empfangen). Jedoch wurde dieser musikalische Wandel in Europa (vielleicht wegen des Krieges, aber auch wegen eingefahrener Hörgewohnheiten und dem Diktat der Plattenfirmen) nicht umgesetzt. Und nach dem Krieg setzten sich unter amerikanischem Einfluss in Europa andere Musikstile durch.

Bandoniontradition in Deutschland, Franz Roglitzki Duisburg (1903-1983)

Bailemos Tango ! 


         Tango-DJ Michael KI                                  © 05/2024



Quellen (Auswahl): siehe Einführung zu den Beiträgen

zusätzlich: – 

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            – Verbote in Deutschland z.B. hier: www.ina-tango.de/über-tango/zur-geschichte-des-tango

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            – Bandonions in D: https://www.youtu.be/XUFYUgTbtUo  Teil 2: https://www.youtube.com/watch?v=j5yXtrVJNhU (1981 - ein Abgesang über die sterbende Bandonion-Kultur im Ruhrgebiet (mit J.J. Mosalini)

            – Anekdote Gardel: https://www.todotango.com/english/artists/biography/657/Ernesto-Fama/

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